3. Januar 2019

Immobilien Outlook 2019

Interview mit Prof. Dr. John Davidson, Chief Research Officer, Deutsche Finance Group

Prof. Dr. John Davidson, Chief Research Officer der Deutsche Finance Group gibt Einblicke und Einschätzungen zum wirtschaftlichen Umfeld in Bezug auf Immobilien- und Infrastrukurinvestitionen für das kommende Jahr. 

Wirtschaftliches Umfeld:

  • Welches wirtschaftliche Umfeld erwarten Sie?

    • Insgesamt ist ein positives Wirtschaftsumfeld mit globalen Wirtschaftswachstum für 2019 von 3% zu erwarten (2018E 3.3%). Zudem sind makroökonomische Indikatoren wie Arbeitslosigkeit in vielen Staaten auf historischen Tiefstständen.
    • Eine Eintrübung der Konjunktur durch eine Verschärfung des Handelsstreits zwischen den USA und seinen Handelspartnern oder durch politische Ereignisse ist zwar immer noch möglich, jedoch sind hinsichtlich des Handelsstreits auf verschiedenen Seiten Entspannungstendenzen sichtbar. Ungeklärt ist jedoch nach wie vor der Ausgang der Brexit-Diskussion, der insbesondere im Europäischen Kontext seine temporären Auswirkungen zeigen könnte, sollte es nach wie vor zu einem ungeregelten Ausstieg Großbritanniens kommen.
    • Zinsen: In den USA werden weitere Zinserhöhungen erwartet d.h. von momentan 2.38% auf 2.88%, dies wird insbesondere zinssensitive Eigenheimmarkt merken. In Europa wird das QE zurückgefahren und die Erwartungen auf Zinseffekte sind begrenzt.

Immobilienausblick:

  • Welche Gewinnerwartungen/Renditen sind für die unterschiedlichen Regionen derzeit realistisch?
    • Europa: Europäische Immobilienmärkte haben ihre positive Entwicklung auch im zweiten Halbjahr 2018 weiter fortgesetzt und befinden sich im fünften Jahr ihres Aufschwungs. Auch wenn sich das BIP-Wachstum im Durchschnitt abschwächt (2019F: 1.8%) und die Europäische Zentralbank langsam die Zügel anzieht, kann mit einem für den Immobiliensektor fundamental gutem Umfeld gerechnet werden.
    • USA: Unterstützt von starkem Wirtschaftswachstum von 2.8% in 2018 konnten beispielsweise Logistikimmobilien trotzt Zinserhöhungen in den USA Aufwertungen aufweisen. Der Markt profitiert insbesondere von Mietzinserhöhungen.
    • Asien: Obwohl diese Region von dem insgesamt stärksten Wirtschaftswachstum profitiert (GDP-Wachstum-Erwartung von 4.5%) ist die Region sehr heterogen und die Gewinnerwartungen decken sich insgesamt nicht mit dem Wirtschaftswachstum. Dies insbesondere auf Grund des moderaten Mietwachstums im Bereich der Einzelhandelsimmobilien von 0.3% oder im Bereich der Büroimmobilien von 2.1%. In China sind derzeit die Finanzierungskosten höher als die Einkaufsrenditen bei Primeliegenschaften.
  • Welche Sektoren werden Outperformen?
    • Für Büro- und Logistikimmobilien in Europa erwarten wir einen soliden Anstieg der Marktmieten. Beide Sektoren profitieren zudem global von strukturellen Faktoren wie Co-Working und E-Commerce.
    • Die Handelsimmobilien sind die Verlierer der strukturellen Veränderungen von E-Commerce. In diesem Sektor wird mit steigenden Leerständen und Abwertungen gerechnet. Durch ein selektives Vorgehen können jedoch in einem Umfeld temporärer Marktverwerfungen interessante Opportunitäten identifiziert werden.
    • Institutionelle Anleger suchen vermehrt Anlagen im Bereich Wohnimmobilien mit Fokus Mehrfamilienhäuser und versuchen diesen Sektor zu etablieren auch in neuen Märkten wie z.B. in Spanien. In etablierten Märkten wie USA und auch Deutschland werden die Returns der letzten Jahre vermutlich nicht mehr erreicht, da es nur selektiv zu Aufwertungen kommt.
    • Verschiedene alternative Sektoren wie Studentenwohnheime oder Seniorenunterkünfte profitieren von der Institutionalisierung des Sektors. Zudem profitieren Studentenwohnheime von kurzen Mietlaufzeiten in einem Umfeld von mehr Nachfrage wie Angebot.
  • Wie lang kann der Immobilienzyklus andauern?
    • Die Europäische Immobilienmärkte befinden sich 2018 bereits im fünften Jahr ihres Aufschwungs. Immobilienzyklen können jedoch länger andauern als erwartet. In den vergangenen 40 Jahren in den USA hat gezeigt, dass Phasen ununterbrochener positiver Gesamtrenditen von Core-Immobilienfonds bis zu 15 Jahren anhalten können.
  • Wo sind Immobilienblasen erkennbar?
    • Insgesamt ist der Einsatz von Fremdkapital nicht vergleichbar mit der Situation vor der Finanzkrise und deshalb ist für mich auch keine globale Immobilienblase erkennbar.
    • Überhitzungen sind im Bereich privaten Wohneigentums in selektiven Städten wie z.B. in Hong Kong, München, Toronto, und Vancouver jedoch bereits unschwer erkennbar.
  • Welches sind die Globalen Trends mit Einfluss auf den Immobilienmärkten:
    • Internationale Investoren wie asiatische Pensionskassen oder auch Staatsfonds werden die internationale Immobilienallokation weiter ausbauen und diversifizieren. Dies führt weiterhin zu einer grossen Nachfrage nach Immobilien.
    • Technologische Entwicklungen wie Digitalisierung sind bei Immobilienanlagen zu berücksichtigen:
      • Logistik wird aufgrund von E-Commerce weiterhin an Bedeutung gewinnen.
      • Ältere Einkaufszentren oder Warenhäuser stehen vor grösseren Hausforderungen.
      • Büroimmobilien können vom Co-Working-Trend profitieren. Die Büroimmobilien müssen sich durch eine hohe Flexibilität für die Nutzer auszeichnen.
  • Welches ist die richtige Positionierung für einen globalen Immobilieninvestor:
    • Die Nettoanfangsrenditen für Investitionen sind in den letzten Jahren zwar gesunken, die Renditedifferenz zu Anleihen bleiben jedoch hoch. Dies führt dazu, dass das Interesse und Nachfrage an Immobilien u.a. von internationale Investoren gross bleibt und insgesamt nicht mit Bewertungskorrekturen zu rechnen ist.
    • Die hervorragenden Renditen der Core-Investoren der letzten Jahre sind vorbei. So erstaunt es nicht, dass in den letzten drei Jahren die Value-Add-Returns gemäss INREV die Core-Returns outperformen. Fokussierte Value-Add-Strategien mit guten lokalen Partnern werden auch in den nächsten Jahren attraktive Returns erwirtschaften.

 

Der Interviewpartner:

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Prof. Dr. John Davidson, Chief Research Officer Deutsche Finance Group