31. Juli 2017

Warum die USA Vorbild in der Altenpflege werden

Fachartikel aus www.handelsblatt.com

Die meisten Menschen erwarten heute, älter als sechzig Jahre zu werden. Doch eine Betreuungsgarantie im Rentenalter bekommen sie nicht. Wenn Staaten sich Pflege nicht mehr leisten können, helfen private Investoren.

Ein Land braucht nicht nur Straßen, Flughäfen oder Eisenbahnstrecken, um zu funktionieren – auch die soziale Infrastruktur ist unverzichtbar. Ein gutes Bildungssystem, Krankenhäuser und die Versorgung älterer Menschen sind die Basis für eine intakte Volkswirtschaft. „Mit dem medizinischen Fortschritt steigt die Lebenserwartung. Mehr Menschen brauchen im Alter eine Betreuung in einem Senioren- oder Pflegeheim“, sagt Symon Hardy Godl Geschäftsführer der Deutschen Finance Group. Und die Zahl älterer Menschen nimmt rasant zu. 2009 waren insgesamt 900 Millionen Menschen älter als 60 Jahre, 2030 werden es 1,4 Milliarden sein. Die demografische Entwicklung wächst für viele Akteure zu einer immer größeren Aufgabe heran.

Fonds für Seniorenheime in den USA

Ein gutes Beispiel dafür sind die USA. In der nach wie vor stärksten Volkswirtschaft der Welt steigt der Bedarf an Einrichtungen für ältere Menschen immer mehr. Derzeit gibt es rund 23.500 Senioren- und Pflegeheime. „Die bestehenden Einrichtungen reichen bei weitem nicht aus, um die stark steigende Nachfrage befriedigen zu können. Häufig fehlt den Betreibern das Kapital, um Kapazitäten entsprechend auszubauen“, betont Godl. Öffentliche Mittel stehen dafür genauso wenig zur Verfügung wie Fremdkapital. Häufig bedarf es der Hilfe privater Investoren. Sie decken diese Finanzierungslücken ab und können dabei ihr Kapital über die Einrichtungen besichern. Wie solch ein Investment aussehen kann, lässt sich am Beispiel eines Institutionellen Zielfonds der Deutschen Finance Group aufzeigen. Mit dem durch den Fonds eingesammelten Kapital werden Seniorenheime und Pflegeeinrichtungen in den USA erweitert. Verantwortlich für die Investments ist ein institutioneller Fondsmanager mit Sitz in New Jersey. Er wurde 2000 als Einheit einer Investmentbank gegründet und hat seit seiner Gründung Seniorenheime und Pflegeeinrichtungen im Wert von 340 Millionen Dollar finanziert. Die durchschnittliche Rendite lag seither bei 17,5 Prozent pro Jahr. Die Strategie des Fonds: Er finanziert den Umbau von Seniorenheimen oder Pflegeeinrichtungen mit einer Laufzeit von zwei bis drei Jahren. Während der Laufzeit des Fonds bis 2023 wird eine durchschnittliche Verzinsung von sieben bis acht Prozent prognostiziert und die Gesamtrendite mit 13 bis 14 Prozent pro Jahr berechnet.

Nachfrage an privaten Schulen steigt

„Für uns ist es wichtig, mit einem lokalen Partner vor Ort zusammenzuarbeiten, der über erstklassiges Know-how auf dem US-Markt verfügt und langjährige Geschäftsbeziehungen mit den Anbietern der Heime unterhält sowie selbst eigenes Kapital investiert“, unterstreicht Godl. Nach Abschluss der Umbau- oder Erweiterungsmaßnahmen können sich die Betreiber der Einrichtungen im Rahmen von staatlichen Förderprogrammen erheblich preiswerter refinanzieren, so dass die Rückzahlung gewährleistet ist. Auch deswegen hat der institutionelle Fondsmanager bisher keinen einzigen Zahlungsausfall zu verzeichnen. Versicherungen, Investmenthäuser und Family Offices aus Europa und den USA gehören zum aktuellen Investorenkreis.

Doch der Bedarf für die soziale Infrastruktur beschränkt sich nicht nur auf ältere Menschen. Ein weiteres zentrales Thema ist die Bildung. Insgesamt haben 8,7 Prozent der Kinder weltweit keinen Zugang zu Bildung. In Afrika ist es sogar jedes fünfte Kind. Doch gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern wächst das Interesse an einer guten schulischen Ausbildung. Immer häufiger richten Investoren deshalb private Schulen ein.

In Deutschland machen Privatschulen nur einen geringen Anteil von 0,5 Prozent aus. Doch die Lage in den staatlichen Schulen ist vielerorts dramatisch. Die Gebäude sind in einem katastrophalen Zustand, der Renovierungsbedarf ist enorm und den Gemeinden fehlt oft das Geld. Das Deutsche Institut für Urbanistik schätzt den Investitionsbedarf auf 34 Milliarden Euro. 2015 haben die Kommunen in den Flächenländern 2,8 Milliarden Euro in die Sanierung von Schulgebäuden investiert – ein Tropfen auf den heißen Stein.

Diese und weitere Megatrends sorgen weltweit dafür, dass der Bedarf an sozialer Infrastruktur zunimmt. Zum einen wächst die Weltbevölkerung stark, zum anderen zieht es immer Menschen in die Städte. Erstmals lebten 2008 mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Es entstehen immer größere Megacities mit mehr als zehn Millionen Einwohnern. Die soziale Infrastruktur kommt so schnell nicht mit. Ohne die Hilfe privater Investoren wird der gigantische Bedarf wohl kaum zu decken sein.

 

 

 

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