7. August 2017

Bloß keinen Blackout provozieren

Fachartikel aus www.handelsblatt.com

Ambitionierte Klimaschutzziele und ein riesiger Energiehunger lassen Industrie- und Schwellenländer bluten. Denn für den Ausbau regenerativer Energien fehlt schlicht Geld. Doch private Investoren leisten Erste Hilfe. 

Deutschland sieht sich gerne als Vorreiter für die Energiewende. Der Umbau der Energieversorgung von fossilen Brennstoffen zu regenerativen Quellen gilt weltweit als Bewährungsprobe. Doch weitere Länder springen auf den Zug auf. So unterzieht China seine Volkswirtschaft einem radikalen Umbau, setzt auf Photovoltaik und Windenergie, um seinen riesigen Energiebedarf zu decken und die immense Luftverschmutzung in den Städten in den Griff zu bekommen.

 „An erneuerbaren Energien führt kein Weg vorbei“, sagt Symon Godl, Managing Partner der Deutschen Finance Group. „Sie sind mittlerweile auch von Seiten der Kosten konkurrenzfähig.“
Die Transformation der Energiewirtschaft verändert Erzeugung und Verteilung von Energie. Wurde Energie bisher zentral in großen Kraftwerken erzeugt, entsteht sie nun dezentral vor Ort. Aus Konsumenten von Strom werden Prosumenten, die nicht nur Strom konsumieren, sondern ihn auch mit der eigenen Photovoltaikanlage auf dem Dach produzieren.

Der Investitionsbedarf für Energienetze ist riesig

Energieversorger müssen für eine neue Zielgruppe neue Dienstleistungen entwickeln. Deswegen reicht es nicht nur aus, Windräder und Photovoltaikanlagen zu installieren, genauso wichtig sind auch intelligente Energienetze, im Fachjargon Smart Grids und intelligente Messsysteme (Smart Meter). Die Netze spielen eine entscheidende Rolle, um in der Energiewelt von morgen Angebot und Nachfrage zum Ausgleich zu bringen und den umweltfreundlich erzeugtem Strom zu transportieren. Allein in Deutschland sind Investitionen in Höhe von 44 Milliarden Euro in die Übertragungsnetze notwendig.

Doch mit der steigenden Weltbevölkerung und dem größerem Lebensstandard vieler Menschen in den Schwellenländern steigt auch dort der Energiebedarf bis 2030 um 30 Prozent. Der Druck ist immens: Derzeit haben 1,2 Milliarden Menschen weltweit keinen Zugang zu Strom. Das sind 16 Prozent der Weltbevölkerung: 53 Prozent der Menschen ohne Stromversorgung leben in Subsahara-Afrika, 43 Prozent in Asien und vier Prozent in anderen Ländern. Deswegen hat der Aus- und Aufbau der Energienetze in diesen Ländern höchste Priorität. Und die Rahmenbedingungen dafür verbessern sich.

Gutes Investitionsklima in Schwellenländern

Das Investitionsklima für erneuerbare Energien wird in Schwellenländern besser: Indien, Brasilien und Südafrika haben für Investoren deutlich an Attraktivität gewonnen. Das geht aus einer aktuellen Studie der Allianz-Tochter Climate Solutions, des New Climate Institute und der Organisation Germanwatch hervor. Das ist ein gutes Signal für Anleger: Das Kapital von institutionellen Investoren wird dringend gebraucht. Denn der Finanzbedarf lässt sich nur durch private Investoren decken.

Wie groß der Handlungsbedarf ist, zeigt nicht nur die Situation in Entwicklungsländern. Auch in hochentwickelten westlichen Staaten blieben in den vergangenen Jahrzehnten Sanierungen aus. Viele Wassernetze sind veraltet und marode. Jüngstes Beispiel dafür ist Rom: In der italienischen Hauptstadt wurde Ende Juli 2017 der Wassernotstand ausgerufen und die Wasserversorgung für täglich acht Stunden abgestellt. Das liegt aber nicht nur daran, dass es 2017 nur wenig geregnet hat, sondern weil die 50 Jahre alten Leistungen alt und löchrig sind. Sage und schreibe 44 Prozent des Trinkwassers versickert in Rom im Boden.

Veraltete Wassernetze

Der weltweite Investitionsbedarf für die Sanierung der Wassernetze liegt bei 500 Milliarden Euro weltweit.

„Die Saaten sind nicht in der Lage, diese Investitionen aus eigener Kraft zu tätigen. Private Investoren spielen auch bei der Wasserversorgung eine zentrale Rolle, um die anstehenden Renovierungen zu finanzieren“, betont Godl. Hier können Investoren sich über unterschiedliche Instrumente wie Fonds beteiligen.

 Noch immer wird weltweit zu wenig getan, um die Ziele der Pariser Klimakonferenz zu erfüllen. Allein die G20-Staaten müssen bis 2035 jährlich 700 Milliarden US-Dollar investieren, um die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu reduzieren – damit wären die Investitionen fast doppelt so hoch wie 2015. Da waren es noch 420 Milliarden US-Dollar – inklusive der fossilen Energien –, die weltweit in alle Energiesysteme investiert wurden.

 

 

 

 

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