29. August 2017

Verkehrswege – Pulsader für den Handel

Fachartikel aus www.handelsblatt.com

Eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur ist die Basis für jede Volkswirtschaft. Doch die Investitionslücken sind enorm. Und das weltweit. Mit der Verstädterung wächst das Interesse an innovativen Lösungen. 

Trotz der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, sein Land abzuschotten und Importzölle einzuführen, nimmt der Handel weltweit zu – sogar zwischen China und den USA. Paradox, aber wahr: Seit dem vierten Quartal 2016 geht der „Welt-Handelsindex“ nach oben. Das gilt für den globalen Austausch von Gütern wie für den Warenverkehr innerhalb Asiens, Europas und Nordamerikas.

Besonders bei der See- und Luftfracht klettert die Nachfrage. Der Transport per Luftfracht wird nach Berechnungen der OECD bis 2030 um 126 Prozent steigen. Auch der Frachtverkehr auf der Schiene wird um 56 Prozent zunehmen, per Lkw sogar um 60 Prozent. „Um den stark steigenden Güterverkehr zu bewältigen, stehen massive Investitionen in Straßen, Flughäfen, Seehäfen und Eisenbahnen an“, sagt Dr. Sven Neubauer, Chief Investment Officer der Deutschen Finance Group. „Schon jetzt kann die bestehende Infrastruktur den steigenden Transport von Menschen und Gütern kaum aufnehmen.“

Staaten stecken zu wenig Geld in Straßen

Bis 2030 sind weltweit Investitionen in Höhe von 18,7 Billionen US-Dollar in die Infrastruktur nötig. Der größte Bedarf besteht bei Straßen mit 11,4 Billionen US-Dollar, gefolgt vom Schienenverkehr mit 5,1 Billionen Dollar und Flughäfen mit 1,3 Billionen Dollar. „Eine funktionierende Infrastruktur ist die Schlagader jeder Volkswirtschaft und eine der wichtigsten Standortfaktoren. Viele Staaten vernachlässigen diese Aufgabe“, sagt Neubauer.

Dazu zählt auch Deutschland: Das wirtschaftlich wichtigste Land der EU investiert nur 0,6 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in die Verkehrsinfrastruktur. Dabei steht auch Deutschland vor einer enormen Herausforderung: Der Güterverkehr wird bis 2030 im Vergleich zu 2010 um 38 Prozent zunehmen. Egal ob es sich um die Schieneninfrastruktur, die Qualität der Straßen, um den Luftverkehr oder die Hafeninfrastruktur handelt – Deutschland belegt nirgends einen Spitzenplatz. Häufig fehlt es gerade Kommunen an Mitteln und Personal, um neue Straßen zu bauen oder diese zu sanieren.

Die Lage in asiatischen Großstädten ist dramatisch

Katastrophal ist die Situation in den rasant wachsenden Metropolen der Welt. Vor allem in China machen sich die negativen Folgen der schnellen Motorisierung bemerkbar: Smog wird dort zur direkten Folge des schnellen Wirtschaftswachstums und reduziert die Lebensqualität der Menschen. Wie sehr eine fehlende Infrastruktur die Wirtschaft schädigen kann, hat die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) ausgerechnet: Ihr zufolge mindern Staus das Bruttoinlandsprodukt in Asien jährlich um zwei bis fünf Prozent. Die Situation könnte sich noch verschärfen, da weltweit täglich 120.000 Menschen in Städte abwandern und der Motorisierungsgrad steigt.

Die Urbanisierung als Megatrend wird so zum Problem: 2008 lebten erstmals mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Die chinesischen Metropolen stehen stellvertretend für andere Schwellenländer. Viele Menschen sehen das Auto dort noch als Statussymbol und fahren damit zur Arbeit. Auch weil nicht ausreichend öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen. „Wir brauchen in Zukunft neue Mobilitätskonzepte, um Städte zu entlasten. Dazu sind enorme Investitionen vonnöten“, sagt Dr. Sven Neubauer. Besonders gravierend ist die Situation in den sogenannten Megacities, also Städten mit mehr als zehn Millionen Einwohnern. Dort sind neue Strategien gefragt, um allen Menschen eine angemessene Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, sie mit allen Gütern des täglichen Bedarfs zu versorgen und dabei die Umwelt möglichst wenig zu belasten.

Privates Kapital für Innovationen

Um umweltverträgliche Mobilitätskonzepte zu entwickeln, müssen in Zukunft Städte, Energieversorger und Automobilhersteller eng zusammenarbeiten: „Die CO2-Emissionen zu senken und den Anstieg der Erderwärmung zu stoppen wird nur funktionieren, wenn sich in Städten neue umweltverträgliche Mobilitätslösungen durchsetzen“, betont Neubauer. Um solche Technologien zu finanzieren, bedarf es risikobereiter Geldgeber, die in innovative Konzepte und Ansätze investieren. Viele Experten sehen in elektrisch angetriebenen Fahrzeugen, die sich Menschen teilen und die autonom gelenkt werden, die Zukunft. Eines ist klar: Ohne innovative Konzepte und ohne Geld, das private Investoren in die Infrastruktur steuern, lassen sich Verkehrsströme auf lange Sicht nicht mehr effektiv lenken. Nur moderne Konzepte, können dabei helfen, unsere Welt auch langfristig mobil zu halten.

 

 

 

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