Brexit – und was nun?
Chancen und Risiken des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union
Am 23.06.2016 ist das Unfassbare passiert. Die britische Bevölkerung hat beim sogenannten BREXIT-Referendum für einen Austritt des Königreiches aus der Europäischen Union gestimmt. Dass mit diesem Ergebnis kaum jemand gerechnet hatte, konnte man auch der tagelangen Stille aus dem politischen Lager Londons nach dem Referendum entnehmen.
Nachdem nun einige Monate vergangen sind, ist zumindest klar, wann ein Austritt Großbritanniens beginnen soll. Die britische Premierministerin May hat den März 2017 als Startdatum markiert. Wie der Austritt nun vor sich gehen soll und welche Folgen er für die Wirtschaft in Europa hat, ist ungewiss. Die Zeitungen und Medienhäuser übertreffen sich jedoch mit Horrorszenarien und –meldungen und malen den Untergang Europas an die Wand. Grund genug für uns, mal etwas genauer hinzusehen und etwas Licht in das Meldungsdickicht der letzten Monate zu bringen.
1. Großbritannien wird wohl – so wie es aussieht – austreten.
Ob allerdings im Ergebnis ein „harter Schnitt“ oder einer sanfter Ausstieg mit Zugeständnissen an die Briten umgesetzt wird, ist heute nicht klar. Klar ist jedoch, dass die EU natürlich nicht heute schon Zugeständnisse an die Briten machen wird, und diese für den Austritt „belohnen“. Am Ende wird eine irgendwie geartete Kompromisslösung gesucht werden, bei der die EU-Führung „harte Hand“ zeigen kann und die Briten ihre gewünschten Erleichterungen erhalten und am Ende Großbritannien zumindest ein Teil der europäischen Wirtschaft bleiben wird.
2. Keiner kann derzeit voraussehen, in welche Richtung sich die Märkte entwickeln.
In letzten Wochen sind auf den Immobilienmärkten drastische Entwicklungen ausgeblieben. Offene Fonds hatten zwar mit Rückgaben zu kämpfen, der große Run ist jedoch nicht eingetreten. Dennoch gehen wir davon aus, dass ein gewisser Druck auf die Immobilienmärkte ausgeübt werden wird, da es immer einen Teil Zweifler in einem Markt gibt, die sich durch Verkäufe gegen einen Marktrückgang absichern wollen. Wir werden hier die Entwicklungen beobachten und sehen in diesem Segment sogar gewisse Chancen, durch einen Verkaufsdruck Kaufpreisreduzierungen durchzusetzen.
3. Jetzt genau zu analysieren, ist die bessere Wahl.
Nachdem sich die Presse und sogenannte Sachverständige mit Negativmeldungen überboten hatten, haben wir uns verschiedene Studien zum Thema BREXIT angesehen. Besonders interessant schien uns dabei eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die die finanziellen Folgen des Austritts versucht hat zu quantifizieren. Bertelsmann hat dabei den Ansatz gewählt, die statischen Verluste zunächst bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner zu berechnen. Hierbei tritt je Einwohner bei einem „sanftem Ausstieg“ ein BIP-Verlust von 217 € auf. Bezogen auf das gesamt BIP UKs macht das einen BIP-Verlust von 14 Mrd. € aus. Dies entspricht etwa den Kosten, die die olympischen Spiele in London verursacht haben. In Deutschland sind laut der Studie die erwarteten Verlust noch sehr viel geringer. Hier erwartet Bertelsmann sogar nur einen BIP-Verlust je Einwohner von 28€ bzw. 2,3 Mrd. € auf das gesamte BIP bezogen (2030, bezogen auf 2014).
Wesentlich ist, dass diese Zahlen auf der Annahme eines sanften Ausstiegs berufen, doch selbst bei einer teilweisen Isolierung sind die Verluste keinesfalls existenzgefährdend.
4. Panik ist fehl am Platz!
Ob Bertelsmann mit seiner Studie eine Punktlandung erreicht oder nur eine ungefähre Schätzung, ist irrelevant. Die Zahlen zeigen in jedem Fall, dass Panik derzeit nicht angebracht ist. Vielmehr sollten alle Marktteilnehmer nun die Lage genau analysieren und beobachten, welche Lösung die EU mit Großbritannien finden wird.
Marktkommentar von Symon Hardy Godl
Managing Director, DF Deutsche Finance Investment GmbH